Abbau kommunikativer Barrieren als Voraussetzung für soziale Teilhabe – E-Learning-Programm für Deutsche Gebärdensprache
27. November 2019
Wie im jüngst von der Bundesversammlung verabschiedeten Forderungskatalog des Deutschen Gehörlosen-Bundes e. V. (siehe DGB-PM 09/2019) betont, kann gesellschaftliche Teilhabe gehörloser/gebärdensprachiger Menschen nur gelingen, wenn kommunikative Barrieren im Alltag abgebaut werden. Der Einsatz von Dolmetscher/-innen für Deutsche Gebärdensprache (DGS) und deutsche Sprache ist dabei eine Möglichkeit, aber nicht die einzige. Mehr gebärdensprachkompetente Menschen im Dienstleistungssektor (Gastronomie, Banken etc.), im Gesundheitssektor (Ärzt/-innen, Pflegepersonal, Apotheker/-innen etc.) oder im Bildungssektor (Lehrer/-innen, Kolleg/-innen etc.) würden u. a. die Möglichkeit sozialer Teilhabe von gehörlosen Menschen deutlich verbessern.
Es gibt zwar immer mehr hörende Menschen, die sich für das Erlernen der Deutschen Gebärdensprache interessieren, doch besteht kein ausreichendes bzw. flächendeckendes Angebot an qualifizierenden Gebärdensprachkursen. Daher werden nach wie vor der Ausbau von Kursen für DGS sowie die Förderung der Gebärdensprachdozent/-innen bzw. Gebärdensprachlehrer/-innen als qualifizierte Expert/-innen in eigener Sache angestrebt.
Seit Anfang des Jahres gibt es nun die Möglichkeit, die Deutsche Gebärdensprache auch mittels eines E-Learning-Programms der Firma „manimundo“ aus Hamburg online zu erlernen. Ein E-Learning-Programm hat den Vorteil, dass es mehr interessierte Menschen erreicht und bedarfsorientierter genutzt werden kann: Die Teilnehmer/-innen des Programms können ihrem eigenen Zeitbudget und Lernrhythmus folgen – und das ortsunabhängig von überall dort aus, wo es einen Internetzugang gibt.
Das Programm wurde von staatlich geprüften Gebärdensprachdozent/-innen konzipiert und wird von ihnen durchgeführt und begleitet. Die Kursstruktur und die Inhalte orientieren sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Fremdsprachen (GER). Derzeit werden Kurse für Deutsche Gebärdensprache in den Stufen A1 und A2 angeboten. Weitere Informationen gibt es auf der Webseite www.manimundo.de.
Der Deutsche Gehörlosen-Bund e. V. begrüßt dieses Angebot und sieht darin eine wichtige und sinnvolle Ergänzung zu den derzeit bestehenden Möglichkeiten, die Deutsche Gebärdensprache vor Ort zu erlernen. Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass kommunikative Barrieren gehörloser/gebärdensprachiger Menschen auf verschiedenen Wegen abgebaut werden und soziale Teilhabe dadurch weiter vorangetrieben wird.
Die Pressemitteilung 10/2019 in pdf-Datei können Sie herunterladen und gerne weiterleiten.
„Gebärdensprachrechte für alle!“ – so lautet das Motto des diesjährige Internationalen Tages der Gebärdensprachen und der Internationalen Woche der Gehörlosen, die vom 23. bis zum 29. September 2019 zum zweiten Mal stattfinden.
19. September 2019
Der Internationale Tag der Gebärdensprachen wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (durch die Resolution A/C.3/72/L.36/Rev.1) anerkannt. Er wird von 2018 an jährlich am 23. September gefeiert, um den Status der Gebärdensprachen und die Rechte von gehörlosen Menschen zu fördern und zu schützen. In der „Charta des Weltverbandes der Gehörlosen (WFD) zu Gebärdensprachrechten für alle“ vom 27.07.2019 wird betont, dass diese Anerkennung förderlich für „die rechtliche Anerkennung nationaler Gebärdensprachen als offizielle Sprachen“ ist und diese vorantreibt.
Die Internationale Woche der Gehörlosen wird jährlich von der weltweiten Gehörlosengemeinschaft in der letzten vollen Septemberwoche gefeiert, um an den ersten Weltkongress des WFD zu erinnern, der in Rom 1951 im gleichen Monat stattfand.
Dieses Jahr hat der WFD für jeden Wochentag von Montag, 23.09.2019, bis Sonntag, 29.09.2019, ein Unterthema festgelegt. Die Termine und die entsprechenden Unterthemen lauten wie folgt:
- Montag, 23.09.2019: Gebärdensprachrechte für alle!
- Dienstag, 24.09.2019: Gebärdensprachrechte für alle Kinder
- Mittwoch, 25.09.2019: Gebärdensprachrechte für gehörlose Seniorinnen und Senioren
- Donnerstag, 26.09.2019: Gebärdensprachrechte für taubblinde Menschen
- Freitag, 27.09.2019: Gebärdensprachrechte für gehörlose Frauen
- Samstag, 28.09.2019: Gebärdensprache für gehörlose LGBT (lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen)
- Sonntag, 29.09.2019: Gebärdensprachrechte für gehörlose Flüchtlinge
Pressemitteilung zur bundesweiten Einführung der DGS-Sprachzertifizierung
04. September 2019
Das Präsidium des Deutschen Gehörlosen-Bundes e.V. freut sich mitteilen zu können, dass eine Sprachzertifizierung der Deutschen Gebärdensprache (DGS-Sprachzertifizierung) unter der federführenden Leitung der Abteilung Deaf Studies und Gebärdensprachdolmetschen an der Humboldt-Universität zu Berlin voraussichtlich im Jahr 2021 eingeführt wird.
Mittels solch eines bundesweiten Verfahrens zur Sprachstandsfeststellung in Deutscher Gebärdensprache (DGS) kann sichergestellt werden, dass die Sprachkompetenzen von Personen, die in DGS kommunizieren (d. h. DGS produzieren, rezipieren und in ihr interagieren), klassifiziert werden können. Weiterführende Informationen werden von der Abteilung Deaf Studies und Gebärdensprachdolmetschen an der Humboldt-Universität zu Berlin Mitte 2020 über verschiedene Wege bekannt gegeben.
Diese Sprachzertifizierung ist ein essenzieller Beitrag zur Qualitätssicherung der Deutschen Gebärdensprache und führt zu der so notwendigen Professionalisierung und Weiterentwicklung in zahlreichen Arbeitsfeldern wie etwa im Bildungsbereich (DGS im Unterricht an Schulen für hörbehinderte Kinder und Jugendliche; DGS als Fremdsprache an allgemeinbildenden Schulen) oder auch auf dem Arbeitsmarkt (Ausbildung von Gebärdensprachdolmetscher*innen, Begleitung/Beratung von hörbehinderten Menschen usw.).
Die Abteilung Deaf Studies und Gebärdensprachdolmetschen ist prädestiniert für diese Aufgabe: Ihre Expertise in diesem Bereich verdankt sie unter anderem der Entwicklung des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens (GER) für Gebärdensprache im Rahmen der Projekte ProSign1 (2012-2015) und ProSign2 (2015-2019) am Europäischen Fremdsprachenzentrum des Europäischen Rates. Für (Laut-)Fremdsprachen besteht ein GER und damit ein einheitlicher Maßstab für den Erwerb von Sprachkenntnissen schon längere Zeit, für Gebärdensprachen gibt es dies erst seit einigen Jahren.
Eine Sprachzertifizierung der DGS ist daher ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Gleichstellung von deutscher Lautsprache und deutscher Gebärdensprache. In Deutschland ist die DGS 2001 durch das Sozialgesetzbuch IX und 2002 durch das Behindertengleichstellungsgesetz auf Bundesebene anerkannt worden. Ebenso zentral ist die 2009 ratifizierte UN-Behindertenrechtskonvention mit den entsprechenden Artikeln 2,9,21,24 und 30, betonen diese doch die Gleichwertigkeit der Gebärdensprache und der Gehörlosenkultur. Diese Gleichwertigkeit konnten Linguist*innen bereits vor 30 Jahren wissenschaftlich belegen. Politik und Gesellschaft sind weiter aufgefordert, die Gebärdensprache und die Gehörlosenkultur zu fördern.
Als Dachverband aus sechsundzwanzig Mitgliedsverbänden der Gehörlosen und der Gebärdensprachnutzer*innen kann der Deutsche Gehörlosen-Bund solch eine Professionalisierung der DGS-Sprachzertifizierung nur begrüßen. Der Deutsche Gehörlosen-Bund wird die Entwicklung des Vorhabens mit großem Interesse verfolgen und es unterstützen, wo immer dies möglich ist.
Die Pressemitteilung 07/2019 in pdf-Datei können Sie herunterladen und gerne weiterleiten.